Künstliche Intelligenz, kurz KI, ist für die Polizei eine große Herausforderung. Selbst Nutzer ohne besondere IT-Kenntnisse können Texte und Bilder täuschend echt manipulieren und im Internet verbreiten, ein ganz neues Feld auch für Kriminelle. Die Polizei setzt KI zwar bei Ermittlungen bereits ein, ist aber strengen Regelungen in Bezug auf Datenschutz, IT-Sicherheit und der Wahrung der Persönlichkeitsrechte verpflichtet, was die Geschwindigkeit der technischen Innovationen verlangsamt. Ein spezieller Anwendungsbereich ist dabei die polizeiliche Aus- und Fortbildung, die ebenso wie Schulen und die Arbeitswelt von digitalen Neuerungen profitiert und zugleich die Grenzen eines sinnvollen Einsatzes beachten muss.
170 Polizei-Führungskräfte aus 13 Ländern
Bildungsarbeit und KI war vom 30. September bis 2. Oktober das Thema einer internationalen Fachtagung mit hundert Führungskräften und Lehrkräften der Polizei am Fortbildungsinstitut der Bayerischen Polizei in Ainring im Kreis Berchtesgadener Land. Weitere siebzig Polizeiangehörige folgten den Vorträgen über einen Livestream. Von insgesamt zwölf ausländischen Polizeiverbänden kamen fünfundzwanzig Gäste, unter anderem aus Argentinien, Irland, der Schweiz sowie den Donau-Anrainerstaaten von Österreich, der Slowakei über Ungarn bis Rumänien und Bulgarien, die unter dem Dach der Europäischen Union in der Kriminalitätsbekämpfung kooperieren.
Nicht Zögern – ein programmatischer Appell zum Auftakt
„Zögern heißt Scheitern“, mit diesem programmatischen Titel zur Nutzung von KI zur Stärkung der äußeren Sicherheit wurden die Verantwortlichen für die innere Sicherheit – die Polizei – zum Auftakt mit einem Vortrag von Kim Borr, einem Offizier der Bundeswehr, konfrontiert. Engagiert zeigte er auf, wie wichtig es ist, für die Abwehr von Gefahren für unsere Sicherheit auch innovative Wege mit KI auszuprobieren und dabei – entgegen einer oftmals sehr langatmigen Behördenmentalität - kalkulierte Risiken in Kauf zu nehmen. Borr arbeitet als Ausbildungsverantwortlicher im Cyberinformationsraum der Bundeswehr im Großraum München und erläuterte, wie KI in der beruflichen Bildung in einem sehr speziellen Aufgabenfeld eingesetzt wird.
KI und Fake News
Gefahren von KI aufzuzeigen, ist bei der Förderung der Medienkompetenz in der Bildungsarbeit, ein weiteres wichtiges Thema, wie der Bildungswissenschaftler Dr. Christian Scheibenzuber von der Ludwig-Maximilian-Universität München aufzeigte. Problematisch sind insbesondere sogenannte Echokammern in den sozialen Medien, in denen sich Meinungsäußerungen hochschaukeln können und immer radikaler werden, außerdem KI-generierte Bilder und Videos, die täuschend echt wirken und von den Social-Media-Plattformen nicht reguliert werden. Scheibenzuber rief deshalb zu Faktenchecks auf und zum sogenannten Lateral Reading, bei dem Quellen und Autoren überprüft werden. Ebenso zeigte er Lernprogramme, mit denen auf spielerische Weise ein Bewusstsein für Fake News geschärft wird.
Metaversum
Wie Polizeiarbeit mit KI in anderen Ländern aussieht, zeigte Anojen Kanagasingam vom Schweizerischen Polizeiinstitut in Neuchâtel, wo die polizeiliche Fortbildung mehrsprachig für alle Kantone koordiniert wird, sowie Daniel Steinlandt von der Polizei in Hamburg, der als Quereinsteiger aus der IT-Industrie innovative Impulse geben kann. Er forderte dazu auf, neue und innovative Weg zu beschreiten. Wenn eine Behörde ausschließlich von Bedenken und möglichen Risiken geleitet wäre, könnte in Zukunft die technologische Kluft zwischen Kriminellen und Polizei immer größer werden, dabei müsse in der Aus- und Fortbildung der Polizei frühzeitig und intensiv auf die Möglichkeiten und Grenzen von KI vorbereitet werden, so Steinlandt. Ein strategisches Ziel, dessen Umsetzung auch von Gerd Enkling, dem Ausbildungsleiter der Bayerischen Bereitschaftspolizei nachdrücklich eingefordert wurde.
Magie der KI
Die auch bei der Polizei schwieriger werdende Nachwuchsgewinnung macht es erforderlich, sich auf die besonderen Bedürfnisse der sogenannten Generation Z einzustellen. Dabei ist von einer verkürzten Aufmerksamkeitsspanne durch intensive Mediennutzung beim Lernen auszugehen. Wie spielerische Lernformen, Gamification, die Nachhaltigkeit des Lernens verbessern können, zeigte dabei Dr. Julia Deckert-Schleithoff durch motivierende Beispiele aus ihrer Unterrichtstätigkeit an der Polizeischule in Sulzbach-Rosenberg. Digitale Lernspiele werden aufgrund ihrer Erfahrungen, beginnend mit der Online-Unterrichtung während der Corona-Lockdowns von den Auszubildenden bereitwillig angenommen, so sie denn gezielt und nicht im Übermaß eingesetzt werden. Fulminanter Höhepunkt der internationalen Tagung war ein Impulsvortrag „KI-Magie“ von Kilian Hein, einem Amerikanisten und Firmencoach aus Augsburg, der die Zuhörer auf eindrückliche Weise auf „Menschliche Aufmerksamkeit als die Ressource der Gegenwart“ einstimmte.