Kunstfahnder des Bayerischen Landeskriminalamtes (BLKA) haben unter der Sachleitung der Staatsanwaltschaft Ingolstadt vier Haftbefehle gegen die mutmaßlichen Diebe des Manchinger Goldschatzes vollzogen.
Am 22.11.2022 durchtrennten zunächst unbekannte Täter, kurz nach 00:30 Uhr, in einem Telekom-Verteilerhaus in Manching mehrere Glasfaserkabel. Infolge dessen fiel in 13.000 Haushalten über mehrere Stunden die Internet- und Telefonanbindung aus. Etwa eine Stunde später, um 01:26 Uhr, wurde in das „kelten römer museum manching“ eingebrochen. Innerhalb von neun Minuten hebelten die Täter zwei verriegelte Türen sowie die Bodenvitrine mit dem Keltenschatz von Manching auf und entwendeten den größten im 20. Jahrhundert bei Grabungen gefundenen keltischen Goldfund aus dem 1./2. Jahrhundert vor Christus.
Die Staatsanwaltschaft Ingolstadt und die Kunstfahnder des BLKA übernahmen die weiteren Ermittlungen. Hierfür wurde eigens die fünfundzwanzigköpfige Sonderkommission „Oppidum“ eingerichtet.
Im Zuge umfangreicher Suchmaßnahmen rund um das Museum, auch unter Mithilfe der Tauchergruppe der Bayerischen Bereitschaftspolizei, konnten im nahegelegen Pichler Weiher und in der Paar zwei blaue Brecheisen, eine Astschere und ein Seitenschneider aufgefunden werden. Neben dem Museum fanden die Ermittler außerdem eine Funkantenne. Alle sichergestellten Gegenstände wurden kriminaltechnisch untersucht. Dabei konnte eine DNA-Spur gesichert werden.
Ein Datenbankabgleich dieser Spur in der bundesweiten DNA-Datenbank sowie im benachbarten Ausland führte zu acht weiteren Spur-/Spurtreffern. Hierbei handelte es sich jeweils um ähnlich gelagerte Diebstähle im gesamten Bundesgebiet und Österreich. Auch hier wurden vor dem eigentlichen Einbruch in mehreren Fällen Kabel durchtrennt, um Alarmanlagen umgehen zu können. Die Einbrüche fanden seit 2014 in Nienhagen, Pressath, Edermünde, Winsen, Bad Aibling, Heilsbronn und Schwarzheide sowie im österreichischen Krems statt. Auch bei den Einbrüchen waren die Täter stets gleich ausgerüstet. Sie trugen schwarze Overalls mit Sturmhauben und hatten jeweils baugleiche Brecheisen, Schraubendreher und einen Winkelschleifer mit mehreren Trennscheiben dabei.
Um gegebenenfalls noch vorhandene Alarmanlagen zu stören, benutzten sie einen Funk-Jammer. Vor Angehen des eigentlichen Einbruchobjektes kappten sie Telefon-Glasfaserkabel in Verteilerkästen oder Häusern.
Die Auswertung von Akten zu ähnlichen Straftaten, die die Sonderkommission in großem Umfang prüfte, führte zu einem Tatverdacht gegen einen 42-jährigen Deutschen aus Schwerin. Dieser stand im Verdacht bei einem Einbruchdiebstahl im April 2018 in Nordrhein-Westfalen beteiligt gewesen zu sein. Bei der Überprüfung der Person geriet ein weiterer Mann, ein 46-jähriger Deutscher, in den Fokus der Ermittler.
In den darauffolgenden Wochen und Monaten intensiver Ermittlungsarbeit mit Unterstützung des LKA Mecklenburg-Vorpommern verhärteten sich die Verdachtsmomente gegen die beiden bis dato ermittelten Tatverdächtigen und einen weiteren 50-jährigen Deutschen, wohnhaft in Schwerin.
Am Dienstag, den 18.07.2023, wurden die drei Tatverdächtigen mit Unterstützung von Spezialeinheiten im Landkreis Ludwigslust-Parchim, in Schwerin und in Halle (Westfalen) vorläufig festgenommen. Die Beschuldigten wurden am Mittwoch, den 19.07.2023, den jeweils zuständigen Ermittlungsrichtern vorgeführt. Diese eröffneten die von der Staatsanwaltschaft Ingolstadt beantragten und durch das Amtsgericht Ingolstadt erlassenen Haftbefehle. Die Festnahmen erfolgten unmittelbar nach der Zusammenkunft des 46-Jährigen mit einem mutmaßlich weiteren Bandenmitglied, einem 43-jährigen Deutschen aus Berlin. Dieser wurde ebenfalls festgenommen. Die Staatsanwaltschaft Ingolstadt legt den Beschuldigten schweren Bandendiebstahl in Tateinheit mit gemeinschädlicher Sachbeschädigung und Störung von Telekommunikationsanlagen zur Last.
Im Rahmen des Einsatzes wurden 28 Wohnungen, Geschäftsräume, Gartenparzellen, ein Bootshaus und Fahrzeuge durchsucht. Insgesamt befanden sich in der Spitze mehr als 100 Beamtinnen und Beamte aus Bayern, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Berlin und der Staatsanwaltschaft Ingolstadt im Einsatz. Bei den Durchsuchungen konnten Overalls, Masken, Einbruchwerkzeug, Rucksäcke, Mobiltelefone, Jammer und Bargeld aufgefunden und sichergestellt werden.
Bei seiner Festnahme führte der 43-Jährige in einer Plastiktüte 18 Goldklumpen mit sich. Eine sofortige erste Analyse mittels mikro-Röntgenfluoreszenzanalyse im Kriminaltechnischen Institut des BLKA ergab eine Materialzusammensetzung an Gold, Silber und Kupfer, die der Zusammensetzung des Goldschatzes entspricht. Somit muss mit hoher Wahrscheinlichkeit derzeit davon ausgegangen werden, dass es sich hier um bearbeitete Stücke des Manchinger Goldschatzes handelt.