In den vergangenen Jahren registrieren Polizeidienststellen bundesweit eine anhaltend hohe Zahl an Betrugsfällen, die gezielt ältere Menschen ins Visier nehmen. Besonders häufig treten dabei Maschen, wie der sogenannte „Enkeltrick“ oder das Vortäuschen einer falschen Identität als Polizeibeamter auf. Inzwischen treten auch neue Phänomene, etwa das Vortäuschen einer Krankheit auf.
2024 wurden im Bereich des Polizeipräsidiums Oberbayern Nord 2860 Anrufe falscher Polizeibeamter oder angeblicher Verwandter verzeichnet. Den Tätern gelang es in 170 Fällen, 4,4 Mio. Euro Beute zu erlangen.
„Ganz gezielt suchen sich die Täter Seniorinnen und Senioren als Opfer aus. Oft werden sie um ihre gesamten Ersparnisse gebracht, Lebenswerte werden zerstört!“
so Thomas Kaiser, Kriminalhauptkommissar in der Betrugsabteilung der Kriminalpolizei Fürstenfeldbruck. Er beschäftigt sich seit Jahren mit den immer schneller steigenden Fallzahlen des im Polizeijargon „Callcenter-Betrug“ genannten Phänomens.
Kriminaloberkommissar Jacek Kendzia, ebenfalls im Betrugskommissariat tätig, erklärt die typische Vorgehensweise der Täter:
1. Kontaktaufnahme per Telefon (Festnetz mit Telefonbucheintrag)
- Die Täter geben sich als Verwandte oder Bekannte aus und schildern eine angebliche Notlage z.B. ein unerwarteter Autokauf, eine schwere Krankheit oder eine akute finanzielle Not.
ODER
- Anrufe erfolgen angeblich im Namen von Polizei, BKA oder LKA. Vorgetäuscht wird etwa ein schwerer Verkehrsunfall durch ein Familienmitglied, das nun in Haft sitzt oder eine geheime Ermittlung gegen eine kriminelle Bande.
- ZIEL IST IMMER DAS ERLANGEN VON BARGELD; WERTGEGENSTÄNDEN ODER SCHMUCK
2. Abholung der Geldbeträge bzw. Wertgegenstände
- Es werden sogenannte „Abholer“ geschickt, die das Geld oder die Wertsachen persönlich entgegennehmen.
- In einigen Fällen werden die Geschädigten mit telefonisch bestellten Taxis sogar zu ihrer Bank gefahren, um Geld abzuheben.
Die Täter halten ihre Opfer teils stundenlang am Telefon oder tätigen mehr Anrufe in sehr kurzen Zeitabständen, um gezielt psychologischen Druck aufzubauen. Ziel ist es, die Opfer zu einer schnellen Geldübergabe zu drängen. Oft lassen sie dem Opfer kaum Zeit zum Nachdenken oder zum Beenden des Gesprächs. Diese ständigen Anrufe dienen auch dazu, zu verhindern, dass die betroffene Person Kontakt zur Polizei oder zu Familienangehörigen aufnimmt, die möglicherweise Zweifel äußern oder Hilfe anbieten könnten.
Kommt es dennoch zu Unsicherheiten beim Opfer, greifen die Täter zu drastischen Mitteln: Sie weinen ins Telefon oder flehen um Hilfe. Dieses Verhalten stellt eine gezielte emotionale Erpressung dar und ist darauf ausgelegt, das Opfer zum Kooperieren zu bringen.
Die Täter agieren hochprofessionell, organisiert und ortsunabhängig. Prävention, Information und Aufmerksamkeit bleiben die wirksamsten Mittel im Kampf gegen diese Form der Kriminalität. Jede verhinderte Tat schützt nicht nur das Vermögen, sondern auch die psychische Gesundheit und die Würde unserer älteren Mitbürgerinnen und Mitbürger.
Um potentielle Opfer zu schützen, hat das Präsidium Oberbayern Nord Postkarten und Aufkleber mit dem Slogan „Leg Auf!“ drucken lassen, die gezielt über Seniorenorganisationen und caritative Einrichtungen verteilt werden und zudem auf jeder Polizeidienststelle des Präsidiums erhältlich sind.
Bei Interesse stehen Ihnen neben den Beamten der Pressestelle auch Berater der Kriminalpolizeiinspektionen in Ingolstadt, Erding und Fürstenfeldbruck zur Verfügung.
Den Originalmitschnitt eines Gespräches geben wir gerne zur Verwendung frei. Die Datei finden Sie hier:
Das Polizeipräsidium Unterfranken setzte die Präventionskampagne "Leg auf!" des Polizeipräsidiums Oberbayern Nord für ihren Zuständigkeitsbereich um. Weitere Infos dazu finden Sie hier.